Die Wärmewende in Deutschland nimmt weiter Fahrt auf – und Flüsse könnten dabei eine entscheidende Rolle spielen. Mit Flusswärmepumpen sollen künftig zehntausende Haushalte mit klimafreundlicher Energie versorgt werden. Städte wie Köln, Jena und Bamberg haben ambitionierte Pläne, während an Standorten wie Mannheim, Berlin, Rosenheim oder Lemgo bereits erste Anlagen in Betrieb sind. Doch wie groß ist das Potenzial tatsächlich, und was bedeutet das für die Heizkosten der Verbraucher?
Wie viel Wärme steckt in unseren Flüssen?
Das theoretische Potenzial ist enorm: Allein die Flüsse in Bayern könnten laut einer Studie der Energie- und Wasserwirtschaft bis zu 340 Terawattstunden Wärme pro Jahr liefern – mehr als der gesamte Wärmebedarf für Raumheizung und Warmwasser im Bundesland. Rund jede fünfte Gemeinde könnte damit ihren Wärmebedarf aus einem nahegelegenen Fluss decken.
Übertragen auf ganz Deutschland könnte das eine große Entlastung für das Energiesystem bedeuten. Entscheidend sind jedoch die Wassermenge eines Flusses und die mögliche Temperaturabsenkung. Einheitliche Standards gibt es bisher nicht, und auch wirtschaftliche Faktoren begrenzen die Nutzung.
Flusswärmepumpen im Einsatz: Wo stehen wir?
Während die Technologie noch relativ neu ist, gibt es bereits funktionierende Anlagen:
• Mannheim: Die Wärmepumpe der MVV versorgt 3.500 Haushalte mit Fernwärme aus dem Rhein. Sie deckt aktuell 3 bis 5 % des Fernwärmebedarfs der Stadt.
• Köln: Hier plant Rheinenergie die größte Flusswärmepumpe Europas. Ab 2027 sollen bis zu 50.000 Haushalte damit beheizt werden.
• Jena: Die Stadtwerke setzen auf die Wärme der Saale und wollen die Hälfte des Fernwärmebedarfs über Flussthermie abdecken.
• Lemgo: Hier zeigt sich, dass auch kleinere Gewässer genutzt werden können – ein Bach liefert die benötigte Energie.
Doch Strategiechef Christian Dornack von den Stadtwerken Jena betont: “Flussthermie ist ein wesentlicher Baustein, aber nicht die alleinige Lösung.” Ein Energiemix mit Wasserstoff oder Tiefengeothermie sei weiterhin notwendig.
Was bedeutet das für die Heizkosten?
Ob Flusswärmepumpen langfristig die Heizkosten senken, hängt von mehreren Faktoren ab:
• Der Betrieb einer Wärmepumpe ist in der Regel günstiger als die direkte Verbrennung von Gas.
• Die Anschaffungskosten sind jedoch hoch, weshalb die meisten Projekte auf Fördermittel angewiesen sind.
• Ohne Förderung wären viele der aktuellen Anlagen nicht wirtschaftlich. In Köln etwa werden 280 Millionen Euro investiert, davon 100 Millionen Euro aus Fördergeldern.
In Mannheim macht die Flusswärmepumpe bisher nur einen kleinen Teil der Wärmeerzeugung aus, sodass sich die Fernwärmepreise kaum verändern. Die langfristige Wirtschaftlichkeit hängt stark von der Entwicklung der Strompreiseab.
Wie funktioniert die Technik?
Flusswärmepumpen arbeiten nach dem gleichen Prinzip wie kleinere Wärmepumpen in Wohnhäusern:
1. Dem Flusswasser wird Wärme entzogen.
2. Eine Wärmepumpe hebt diese auf ein nutzbares Temperaturniveau an.
3. Das abgekühlte Wasser wird wieder zurück in den Fluss geleitet.
In Mannheim werden beispielsweise 800 Liter Rheinwasser pro Sekunde genutzt und um zwei bis drei Gradabgekühlt. Der Strom für die Wärmepumpen soll idealerweise aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind- oder Solarkraft stammen.
Gibt es Auswirkungen auf die Umwelt?
Die abgekühlte Rückführung des Wassers in den Fluss sei laut Experten ökologisch unbedenklich. In manchen Fällen könne eine geringere Wassertemperatur sogar vorteilhaft sein, da viele Flüsse durch den Klimawandel zunehmend erwärmen.
An Standorten mit bestehenden Kraftwerken – wie in Mannheim – sei die Akzeptanz für solche Projekte hoch. Schwieriger könnte es jedoch in naturnahen Flussgebieten werden, wo Umweltbedenken eine größere Rolle spielen.
Zudem gibt es Überlegungen, wie oft ein Fluss „unterwegs“ abgekühlt werden kann. Wenn mehrere Städte am gleichen Fluss Wärmepumpen betreiben, muss geprüft werden, welche Auswirkungen das flussabwärts hat.
Fazit: Ein großer Schritt für die Wärmewende – aber nicht die einzige Lösung
Flusswärmepumpen bieten eine spannende Möglichkeit, erneuerbare Energien effizient in die Wärmeversorgung zu integrieren. Das Potenzial ist groß, die Herausforderungen aber auch: Hohe Investitionskosten, fehlende Standards und Abhängigkeit von Förderungen bremsen den Ausbau bislang aus.
Dennoch: Jede Kommune mit einem Fluss in der Nähe sollte das Potenzial prüfen. Mit zunehmendem Ausbau und technologischen Fortschritten könnte diese nachhaltige Wärmequelle in Zukunft eine zentrale Rolle in der deutschen Energiewende spielen.
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