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Wie steht es um die neuen Kernkraftwerke in Europa?

Im Jahr 2007 begann der Bau eines dritten, technologisch fortschrittlichen Druckwasserreaktors der neuesten Generation (Evolutionary Power Reactor, kurz EPR) am Standort Flamanville in Frankreich (FA3). Ziel war es, durch diesen Reaktor mit einer geplanten elektrischen Nettoleistung von 1.650 MW die Energieversorgung des Landes zu stärken. Ursprünglich war eine Fertigstellung für 2012 vorgesehen, verbunden mit geschätzten Baukosten von 3,4 Milliarden Euro. Jedoch verzögerte sich das Projekt aufgrund technischer, regulatorischer und finanzieller Herausforderungen erheblich. Nach einer Fertigstellungszeit von 17 Jahren konnte der Reaktor schließlich im Dezember 2024 den Betrieb aufnehmen, wobei er im Januar 2025 seine maximale Kapazität erreichen soll. Die Gesamtkosten belaufen sich nun auf 19,1 Milliarden Euro – mehr als das Fünffache der ursprünglichen Kalkulation. Der in Flamanville erzeugte Strom wird zu geschätzten Kosten von 110 bis 120 Euro pro Megawattstunde (MWh) verkauft, was mehr als doppelt so hoch ist wie die Stromgestehungskosten der bestehenden französischen Kernkraftwerke.


Ein ähnliches Szenario ereignete sich in Olkiluoto, Finnland (OL3). Hier begann 2005 der Bau eines weiteren EPR-Reaktors am bestehenden Standort. Trotz einer ursprünglich geplanten Fertigstellung bis 2009 dauerte die Inbetriebnahme bis 2023. Die anfänglichen Baukosten von rund 3 Milliarden Euro vervierfachten sich ebenfalls, was auf technische Probleme und Verzögerungen zurückzuführen war.


In Großbritannien verfolgt das Kernkraftprojekt Hinkley Point C ein noch ambitionierteres Ziel. Dort sollen gleich zwei neue EPR-Reaktoren (C1 und C2) errichtet werden. Der Bau begann 2018, und die geplante Inbetriebnahme wurde ursprünglich für Anfang 2025 angesetzt. Doch auch dieses Projekt verzeichnet deutliche Verzögerungen, sodass die Fertigstellung nun für das Jahr 2031 prognostiziert wird. Gleichzeitig sind die Baukosten von ursprünglich 28 Milliarden Euro auf geschätzte 51 Milliarden Euro gestiegen. Eine besondere Herausforderung in Hinkley Point ergibt sich aus der internationalen Beteiligung: Das chinesische Staatsunternehmen China General Nuclear (CGN) hält einen Anteil von 33,5 %. Diese Investition steht unter kritischer Beobachtung, insbesondere im Hinblick auf die geopolitischen Implikationen chinesischer Beteiligungen an europäischer Infrastruktur.


Die britische Regierung hat dem Betreiber eine Einspeisevergütung von 10,8 Eurocent pro Kilowattstunde (kWh) für einen Zeitraum von 35 Jahren garantiert. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Einspeisevergütung für Offshore-Windenergie in Großbritannien liegt bei etwa 10,0 Eurocent pro kWh und gilt lediglich für 20 Jahre. Diese Kostenstruktur verdeutlicht die finanzielle Herausforderung und die langfristige Bindung, die mit dem Bau und Betrieb moderner Kernreaktoren einhergeht.


Trotz der enormen Kosten und Zeitverzögerungen zeigt sich, dass der Einsatz von EPR-Reaktoren Teil einer strategischen Ausrichtung zur Dekarbonisierung der Energieversorgung bleibt. Gleichwohl werfen die Erfahrungen mit diesen Projekten wichtige Fragen zur Wirtschaftlichkeit und Planbarkeit zukünftiger Kernenergieprojekte auf.


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